AnsprachenDV BDP Schweiz

Ich durfte anlässlich der Delegiertenversammlung der BDP Schweiz in Lupfig im Kanton Aargau eine Rede halten. Hier die Textversion:

 

Liebe BDP-Familie,

Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,

 

als erstes möchte ich mich dafür bedanken, diese Chance erhalten zu haben, hier vorne zu stehen und vor euch allen zu sprechen. Als Mitglied dieser Partei und als Präsident der Jungen BDP Schweiz ist es mir eine Ehre, hier eine Rede halten zu dürfen.

Der Titel meiner Rede sagt es eindeutig wovon ich in den nächsten 2 Stunden sprechen will: Solidarität. Keine Sorge, ich rede definitiv keine zwei Stunden, das klang nur besser als die effektive Zeit, die ich benötigen werde.

Das Jahr 2019 ist das „Jahr des Milizsystems“. Der Schweizerische Gemeindeverband hat dies so entschieden.

Wieso ist das wichtig? Dazu müssen wir erst wissen, was das „Milizsystem“ denn überhaupt ist, dazu ein kleiner Auszug aus dem Wörterbuch: Es ist „die nebenberufliche Ausübung von öffentlichen Ämtern und dem Dienst in der Armee (im politischen System der Schweiz)“. Wir sehen schon hier, das Milizsystem ist etwas ganz spezielles, was sich die Schweiz ausgedacht hat. Und worauf gründet dieses Milizsystem? Sicherlich nicht darauf, dass jede und jeder erwartet, für das eigene Engagement, egal wie klein es auch sein mag, entlöhnt zu werden. Nein, das hat etwas mit Solidarität zu tun, denn wie Wikipedia es schon sagt bezeichnet Solidarität „eine meistens in einem ethisch-politischen Zusammenhang benennte Haltung von Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer.“ Dabei geht es darum, sich gegenseitig zu helfen, für einander da zu sein. Denn wie der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas einmal sagte: „Wer sich solidarisch verhält, nimmt im Vertrauen darauf, dass sich der Andere in ähnlichen Situationen genau gleich verhalten wird, im langfristigen Eigeninteresse Nachteile in Kauf.“. Nun wissen wir, was der Begriff „Milizsystem“ bedeutet und was Solidarität ausmacht. Jedoch, wie hängen diese beiden Begriffe zusammen?

 

Das Milizsystem ist das Grundgerüst der Schweizer Politik. Vereine, Verbände, Gemeinden, Kantone und z.T. auch der Bund selbst bauen darauf, dass ein grosser Teil ihrer Arbeit Personen verrichten, welche dies entweder unentgeltlich tun oder nur mit einer ganz kleinen Entlöhnung, vor allem aber noch zusätzlich zum Hauptberuf. Sprich, es gibt zwar feste Verpflichtungen wie der Beruf, ist aber nebenbei noch in einem Verein aktiv, hilf in einer politisch en Partei mit und leistet so noch zusätzliche Arbeit, welche in erster Linie nicht für sich selbst ist, sondern für andere: Für die Mitglieder im Verein, für die Partei, für eine Gemeinde, einen ganzen Kanton oder die Schweiz an sich. Kurz: Für die Gesellschaft.

Hier können wir nun die Brücke zur Solidarität schlagen – was ist nun der Unterschied, ob ich mich im Milizsystem engagiere, oder ob ich einer Freundin helfe eine Party zu organisieren? In beiden Fällen werde ich nicht bezahlt. Jedoch helfe ich anderen Personen dabei, ihre Ziele zu erreichen und mache sie, und alle die es betrifft, dadurch vielleicht glücklich.

Die Solidarität geht aber noch weiter – und zwar auf staatlicher Basis, da ist sie sogar noch grösser, zudem noch anonym und gesetzlich vorgeschrieben. Krankenversicherungen z.B. funktionieren ebenfalls nach dem Prinzip der Solidarität. Ich weiss ja nicht, ob ich von dem Geld, welches ich eingezahlt habe und noch einzahlen werde, jemals etwas einfordern muss, aber ich zahle trotzdem. Für das System, für die restlichen Versicherten. Aus Solidarität.

Und wie kann man im kleinen Stil solidarisch sein, auf freiwilliger Basis? Ich kann solidarisch sein für ein krankes Familienmitglied und ihm beistehe. Aber auch im grösseren Umfeld kann ich solidarisch sein, nämlich wenn ich z.B. über einen Kredit abstimme, welcher meine Region selbst gar nicht betrifft. Überall wo Solidarität gelebt wird, setzen wir uns als einzelne Person für das Gegenüber ein, egal ob dies wiederum nur eine einzelne Person ist oder die gesamte Schweiz. Wie es bereits in der Bundeskuppel heisst: „Unus pro omnibus, omnes pro uno“„Alle für einen – Einer für alle“.

Solidarität heisst, das Grosse und Ganze zu betrachten und was dazu beigetragen werden kann, und nicht eigenbrötlerisch auf sich selbst behaftet zu sein. Das ist auch das Prinzip des Militär- und Zivildienstes. Tausende junge Personen leisten einen Dienst für mehrere Millionen. Sie unterstützen das ganze Land, sei dies beim Instandhalten von Militärausrüstung, Hilfe nach Unwetterkatastrophen oder direkt bei der Bevölkerung, in dem als „Zivi“ in einem Altersheim oder an einer Schule ausgeholfen wird.

 

Die Junge BDP engagiert sich stark für mehr Solidarität in der Schweiz – deshalb sind wir beim „ServiceCitoyen.ch“ aktiv, dem Verein zur Förderung des Milizengagements, und sind mit mehreren Mitgliedern direkt im Initiativkomitee vertreten. „ServiceCitoyen.ch“ ist ein Verein, welcher sich „Solidarität“ ganz dick auf die Fahne geschrieben hat, indem eine „Bürgerdienst-Initiative“ 2020 lanciert wird, welche die Schweizer Dienstpflicht erweitert und revitalisiert. Mit der Initiative soll es noch mehr Solidarität unter allen Bürgerinnen und Bürgern geben – denn es werden einige Kernpunkte gefordert wie z.B. die Dienstpflicht der Frauen oder die Möglichkeit den Dienst bei einer Feuerwehr zu absolvieren. Möglich wäre es evt. auch, die Diensttage mit einem kommunalen politischen Mandat zu leisten. Dies wäre in den Augen der Jungen BDP zentral, denn so kann die kommunale Politik wieder aufgewertet werden, da viele junge Erwachsene keinen Draht zur Politik haben und so Erfahrungen sammeln können.

Viele junge Menschen interessieren sich also nicht für kommunale Politik. Ab und zu kann ich es ihnen nicht verübeln, es kann schleppend und manchmal etwas langweilig sein. Aber je weniger Personen sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellen, desto schwieriger ist es für eine Gemeinde überhaupt zu funktionieren. Es braucht nämlich nicht nur den Gemeindepräsident – es gibt so viele verschiedene Ämter zu besetzen, welche wichtig sind für ein geordnetes Zusammenleben in einer Gemeinde.

Wie kann man denn Jugendliche und junge Erwachsene dafür begeistern, sich in der Gemeindepolitik zu engagieren? Solidarisch zu sein? Es wäre wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen bereits in der Schule damit in Berührung kommen. Sie kennen von klein auf einen Turnverein, eienn Sport oder Fanclub und finden sich in solchen Organisationen zu Recht. Wieso also nicht auch innerhalb der Gemeinde und ihren verschiedenen Aufgaben? Schliesslich leben sie in der Gemeinde, und die Politik trifft sie und ihre ganze Familie ziemlich direkt.

Die ganz einfache Antwort darauf ist: Politik im Allgemeinen ist kein Thema an den Schulen. Oder nur eine Randbemerkung während einer Unterrichtsstunde. Dies ist schade und kontraproduktiv für das Schweizer Milizsystem, welches auf neue Personen angewiesen ist. Eine Idee, die Gemeindepolitik den Jugendlichen näher zu bringen wäre, eine Gemeinderatssitzung mit Jugendrelevanten Themen direkt in ein Klassenzimmer zu verlegen. So kann zugehört und direkt mitgeredet werden, was die Wünsche und Anregungen der direkt betroffenen sind. Was ebenfalls zu mehr Engagement führen kann, sind Jugendkommissionen, bei welchen die Jugendlichen Projekte konkret angehen und verwirklichen können, zusammen mit der Gemeinde.

Ich selbst war, während meiner Sekundarschulzeit, in so einer Jugendkommission und fand es ausserordentlich spannend, dachte für mich aber zum damaligen Zeitpunkt noch, dass das mehr nur so ein kurzer Ausflug in die Politik war. Da habe ich mich wohl getäuscht.

Aber wie kann die Solidarität und das Milizsystem der Schweiz im grossen Stil gefördert werden? Die Schulen sollten z.B. die Erwähnung von regionalen und kantonalen Jugendparlamenten- und Foren forcieren und z.B. auch die Jugendsession in ihrem Unterricht ansprechen. Ich selbst wusste z.B. nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Wäre mir dies früher klar gewesen, wäre ich wohl schon zu meiner Jugendzeit deutlich aktiver in der Politik geworden.

 

Denn bei Solidarität geht es darum, etwas der Allgemeinheit zurückzugeben, egal in welcher Form auch immer, ohne eine Gegenleistungen zu erwarten. Aber wenn wir solidarisch sind und uns im Milizsystem engagieren, ergeben sich dann vielleicht auch mal Dinge, welche man nicht für möglich hielt, wie z.B. von einer Frau alt-Bundesrätin das „Du“ angeboten zu bekommen, vom Fernsehen interviewt zu werden oder eine solche Rede hier halten zu dürfen.

Jede und jeder von uns hat in irgendeiner Hinsicht Verpflichtungen und geht Tätigkeiten nach, welche wir von Herzen und aus voller Überzeugung tun, und zwar nicht für uns selbst, sondern wegen der Sache, dem grossen Ganzen.

Denn genau davon lebt unser Milizsystem. Genau davon lebt die Schweiz.

Von Menschen, welche ihre eigenen Interessen etwas hintenanstellen, um das grosse Ganze zu verfolgen.

 

Vielen Dank.

 

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